Promotionsprojekte

Dissertations-Projekt von Dr. des. Tobias Delfs (abgeschlossen 2017)

"Lebenswelten protestantischer Indienmissionare"

Sowohl die Dänisch-Englisch-Hallesche Indienmission als auch diejenige der Herrnhuter Brüdergemeine hatten mit sich in den 1770er Jahren noch massiv verschärfenden Schwierigkeiten zu kämpfen. Hierzu gehörte auch der Umgang mit dem Fehlverhalten von Missionaren in Indien. In diesem Projekt wird (1.) versucht, die Probleme und Zwänge, mit denen Missionare (und auch andere Europäer) in ihren Lebenswelten konfrontiert waren, zu rekonstruieren, um (2.) ihre Handlungsspielräume, auch angesichts der Reaktionen der fernen Missionszentralen, zu beleuchten. Ein Hauptaugenmerk wird dabei auf die in Indien Marginalisierten aus Europa zu legen sein. Durch die Konzentration auf das Fehlverhalten dieser Akteure und ihre Lebenswelten wird eine lineare und teleologische Perspektive auf die europäische Expansion nach Asien, deren Teil auch Missionare waren, zugunsten von Diversität und Fragilität in Frage gestellt. Gerade in Akteuren wie ihnen spiegelt sich die eigentliche Brüchigkeit und Widersprüchlichkeit der sich weltlich oder geistlich herrschaftlich gerierenden Institutionen. Sie verweisen auf die interne Vielfalt eines expandierenden Europas; auf soziale Schichtungen und Distinktionen wie auch auf vielfältige diskursive und normative Ordnungen, die ihrem Verhalten zugrunde lagen oder es definierten. 

Betreuung durch Prof. Dr. Jörg Fisch (Universität Zürich), Prof. Dr. Sven Trakulhun (Universität Zürich) und Prof. Dr. Martin Krieger (Universität Kiel)

Dissertations-Projekt von Dr. Katrin Leineweber (abgeschlossen 2019)

"Soziale und kulturelle Integration schwedischer Einwanderer in Seattle ab 1850"

Das Promotionsvorhaben trägt den Arbeitstitel „Die Integration schwedischer Einwanderer in Seattle / King County ab 1850“, wobei vor allem die Bereiche Kultur und soziales Leben betrachtet werden. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, den vermuteten soziokulturellen Wandel einer Gruppe von schwedischen Einwanderern in einer amerikanischen (Groß-)Stadt an der Pazifikküste der USA vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges zu erarbeiten. Das Projekt beschäftigt sich sowohl mit der Frage nach der Bewahrung beziehungsweise Konstruktion schwedischer Identität als auch mit der Suche nach Faktoren, die eine eventuelle „Amerikanisierung“ der Gruppe zur Folge gehabt haben könnten, wobei die Kriterien, nach denen ein „Amerikaner“ um 1900 definiert wurde, berücksichtigt werden. Desweiteren will die Arbeit die Bedeutung schwedischer Einwanderer für den Aufbau und die Entwicklung einer neuen Stadt am Pazifik erarbeiten.

Dissertations-Projekt von Florian Jungmann, M.Ed.

"Handlungsfehler und Netzwerkwirken in der Enevælde - Christian VI.und der dänische Dienstadel°

Nach dem Staatsumsturz und der Einführung der Erbmonarchie 1660 etablierten die argwöhnisch über ihre gewonnene Souveränität wachenden Enevældekönige ein neuartiges Rangsystem, mit dem eine neue Elite geschaffen wurde. Die Zusammensetzung, Verflechtung und Handlungsräume dieses dänischen Dienstadels sind für das Verständnis der Enevælde von besonderem Interesse. Untersucht werden in diesem Projekt die Wechselwirkungen zwischen königlichem Machtzentrum und Herrschaftsnetzwerk unter dem frommen König Christian VI. (1730-1746). Insbesondere die bedeutsamen Beziehungen zu Akteuren des Hallischen Pietismus stehen im Fokus. Das politische Handeln des Monarchen wird damit im Spannungsfeld von pietistischen Idealen und dem Schein und Sein absoluter Königsherrschaft betrachtet.

Dissertations-Projekt von Vivien Specht, M.A.

Migration in die Ödnis. Sozial- und kulturgeschichtliche Perspektiven der Heide- und Moorkolonisation auf der jütischen Halbinsel im 18. Jahrhundert

Das Dissertationsvorhaben untersucht die Heide- und Moorkolonisation der kimbrischen Halbinsel im 18. Jahrhundert und ihre Rezeption. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts setzte sich Dänemark für umfangreiche Agrarreformen ein, um mehr Einnahmen für den Staatshaushalt zu generieren. Eine dieser Maßnahmen war die Besiedlung und Kultivierung eines peripheren, dünn besiedelten und landwirtschaftlich ertragsschwachen Landstreifens zwischen dem Limfjord im Norden und Rendsburg im Süden durch ca. 7000 Kolonist*innen. Diese kamen vor allem aus dem Südwesten des röm.-dt. Reiches und wurden in der Alheide, der Randbølheide und im Herzogtum Schleswig angesiedelt. Heutzutage bilden die sogenannten „Kartoffeldeutschen“ in der Region einen wichtigen Erinnerungsort, insbesondere für die Nachkommenschaft der Kolonist*innen, die stolz auf ihre Herkunft verweisen.

Bisher kam es weder zu einer methodenbasierten, transnationalen Forschung zur Heide- und Moorkolonisation noch zu dessen Reflexion. Gleichwohl ist das Thema von besonderer Relevanz, da am Beispiel der quellenmäßig gut überlieferten Moor- und Heidekolonisation Praktiken einer migrierten Gruppe über einen längeren Zeitraum untersucht und kontextualisiert werden können. Mithilfe des Diasporakonzeptes (Cohen) fragt das Dissertationsvorhaben, wie die Diaspora der Heide- und Moorkolonisation entstand und wie sie gelebt wurde und wird. Dafür sollen jeweils für die Kolonist*innen und deren Nachkommenschaft die Elemente Heimat, kollektive Erinnerung und Identität untersucht werden. Anhand von Punkten wie Konfession, Häuserbau und Geschichtsschreibung über die Kolonisation sollen die Siedlungsplätze in Dänemark und Schleswig miteinander verglichen und ihre Bedeutung für die heutige Erinnerungskultur „Kartoffeldeutsche“ analysiert werden.