Dissertations-Projekt von Vivien Specht, M.A.

Migration in die Ödnis. Sozial- und kulturgeschichtliche Perspektiven der Heide- und Moorkolonisation auf der jütischen Halbinsel im 18. Jahrhundert

Das Dissertationsvorhaben untersucht die Heide- und Moorkolonisation der kimbrischen Halbinsel im 18. Jahrhundert und ihre Rezeption. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts setzte sich Dänemark für umfangreiche Agrarreformen ein, um mehr Einnahmen für den Staatshaushalt zu generieren. Eine dieser Maßnahmen war die Besiedlung und Kultivierung eines peripheren, dünn besiedelten und landwirtschaftlich ertragsschwachen Landstreifens zwischen dem Limfjord im Norden und Rendsburg im Süden durch ca. 7000 Kolonist*innen. Diese kamen vor allem aus dem Südwesten des röm.-dt. Reiches und wurden in der Alheide, der Randbølheide und im Herzogtum Schleswig angesiedelt. Heutzutage bilden die sogenannten „Kartoffeldeutschen“ in der Region einen wichtigen Erinnerungsort, insbesondere für die Nachkommenschaft der Kolonist*innen, die stolz auf ihre Herkunft verweisen.

Bisher kam es weder zu einer methodenbasierten, transnationalen Forschung zur Heide- und Moorkolonisation noch zu dessen Reflexion. Gleichwohl ist das Thema von besonderer Relevanz, da am Beispiel der quellenmäßig gut überlieferten Moor- und Heidekolonisation Praktiken einer migrierten Gruppe über einen längeren Zeitraum untersucht und kontextualisiert werden können. Mithilfe des Diasporakonzeptes (Cohen) fragt das Dissertationsvorhaben, wie die Diaspora der Heide- und Moorkolonisation entstand und wie sie gelebt wurde und wird. Dafür sollen jeweils für die Kolonist*innen und deren Nachkommenschaft die Elemente Heimat, kollektive Erinnerung und Identität untersucht werden. Anhand von Punkten wie Konfession, Häuserbau und Geschichtsschreibung über die Kolonisation sollen die Siedlungsplätze in Dänemark und Schleswig miteinander verglichen und ihre Bedeutung für die heutige Erinnerungskultur „Kartoffeldeutsche“ analysiert werden.