"Hoří má panenko"/ "Der Feuerwehrball"

In: Anna Batistová (Hg.): Hoří má panenko, Praha: Národní filmový archiv 2012, S. 230-234.

 

1. Brief des Tschechoslowakischen Verbandes der Feuerwehr, Slowakischer Ausschuss, an die zentrale Direktion des Tschechoslowakischen Films in Prag. Bratislava, 19. März 1968:

 

Sehr geehrte Genossen!

Die Plenarversammlung des slowakischen Ausschusses des Tschechoslowakischen Verbandes der Feuerwehr legt bei der zentralen Direktion des tschechoslowakischen Films in Prag

scharfen Protest[1]

ein gegen die Vorführung des abendfüllenden Farbfilms tschechisch-italienischer Koproduktion „Hoří má panenko“, gedreht vom Team des Regisseurs M. Forman.

Wir sind der Meinung, dass die Schöpfer des Films ihre scharfe und berechtigte Kritik gesellschaftlicher Missstände  der letzten Jahre mit deutlich passenderen und überzeugenderen Beispielen, hätten ausdrücken können, als mit diesem unglücklichen Unsinn.

Keinesfalls hätten sie sich die freiwilligen Mitglieder der Feuerwehr „ausleihen“ müssen, und sie so zu zeigen, als seien sie die primitivsten und rückständigsten Mitglieder unserer Gesellschaft. Ihre aufopferungsvolle, anstrengende, und dabei freiwillige und humane Arbeit lächerlich zu machen und zu vulgarisieren, bei der sie oft unter Einsatz des eigenen Lebens den Besitz, die Gesundheit und das Leben unserer Mitbürger schützen, ist zumindest unseriös.  In der ČSPO arbeiten fast 600 Tausend freiwillige Feuerwehrleute  und es gibt keinen Grund, sie so in den Augen der breiten Öffentlichkeit lächerlich zu machen.  Dies steht auch in scharfem Gegensatz zu den Grundsätzen des Entwurfs eines Aktionsprogramms der KSČ,[2] der die Bedeutung gesellschaftlicher Organisationen so hoch einschätzt und ihre Aufgaben und ihr Engagement für unser gegenwärtiges und zukünftiges gesellschaftliches Leben so hoch bewertet. Der Film „Hoří má panenko“ hat der Sache zweifellos mehr geschadet als genützt. Dies beweist auch das Echo auf den Film.

Damit die Mitglieder und Funktionäre ihr Selbstbewusstsein wiederfinden können und im Sinne einer Festigung des guten Namens des Tschechoslowakischen Verbandes der Feuerwehr, protestieren wir entschieden gegen die Aufführung des Films „Hoří má panenko“ und bitten um einen Rückzug des Films aus den Kinos, damit auf diese Weise weitere moralische Schäden an der Ehre der Mitglieder dieser gesellschaftlich unentbehrlichen Organisation vermieden werden können.

 

 

 

Der slowakische Ausschuss der ČSPO (Verband der Feuerwehren)

Prag, 26.3.1968

 

Bratislava.

 

Sehr geehrte Genosse,

Wir haben Ihren Protest gegen den Film „Der Feuerwehrball“ erhalten. Wie Ihnen vermutlich bereits bekannt ist, fand in Prag am 19. März 1968 eine Versammlung der Vertreter des tschechoslowakischen Verbandes der Feuerwehren statt, an dem Vertreter des Tschechoslowakischen Films teilnahmen, einschließlich der Personen, die sich an der Herstellung des Films „Der Feuerwehrball“ beteiligt hatten, sowie Vertreter von Presse und Rundfunk.

 

Auf dieser Versammlung wurden sehr umfänglich die Umstände erläutert, auf die sich auch Ihr Schreiben bezieht. Es wurde erklärt, dass es nicht um einen Film über Feuerwehrleute und ebenso wenig um einen Film gegen Feuerwehrleute geht, und dass die aktuelle Entwicklung der Ereignisse bei uns den Film vollumfänglich bestätigt: Die Entwicklung enthüllt gerade die Ursachen gesellschaftlicher Übel und Probleme, auf die der Film mit Recht kritisch hinweist.

 

Der Tschechoslowakische Film,  einschließlich der Autoren des genannten Films, schätzen die Organisation der Feuerwehrleute sehr. Er ist sich der politischen, ökonomischen und moralischen Reichweite ihrer Arbeit bewusst. Deshalb sieht er es als absurd an, dass ein Künstler darauf abzielen könnte, diese Organisation herabzusetzen und lächerlich zu machen und sie irgendwie mit einem künstlerischen Wert zu beschädigen.

Die Leitung des Tschechoslowakischen Films geht davon aus, dass es vollkommen unbegründet und untragbar wäre, ein Verbot des Films „Der Feuerwehrball“ zu fordern, und dass ein solcher Eingriff überhaupt nicht in Frage kommt.

 

Im Bemühen, zur Klärung dieser Probleme beizutragen, beschlossen die Vertreter des Tschechoslowakischen Films gemeinsam mit den Vertretern der Feuerwehrorganisation auf der genannten Versammlung in Prag, dass den Zuschauern vor dem Film „Der Feuerwehrball“ eine gründliche kurze Erklärung gezeigt wird, mit der deutlich werden wird, um was für einen Film es geht. Es wird ausdrücklich betont, dass es sich nicht um einen Film über Feuerwehrleute oder gegen Feuerwehrleute handelt. Zugleich wurden Vertreter von Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich der Zeitschrift „Die Feuerwehr“, darum gebeten, ebenfalls dieses Problem zu erklären.

Den Leitern des Tschechoslowakischen Verbandes der Feuerwehr kann selbstverständlich keine Schuld im Zusammenhang mit dem Film „Der Feuerwehrball“ zugesprochen werden. Die Schaffung und Produktion des Films ist Angelegenheit des Tschechoslowakischen Films und der Künstler, die für ihre Tätigkeit gegenüber dem Staat und der Gesellschaft verantwortlich sind.

[...]

Wir sind zuversichtlich, dass unsere Antwort zur Überwindung des entstandenen Missverständnisses beitragen wird. Nochmals versichern wir Ihnen, dass wir Ihre Arbeit unendlich schätzen, und uns auch weiterhin bemühen werden, Sie zu unterstützen, und Ihnen viel Erfolg wünschen.

 

M. Krejčí

Vertreter des zentralen Direktors des Tschechoslowakischen Films

 

 

 

 

[1] Hervorhebung und Absetzung im Original.

[2] Aktionsprogramm der Kommunistische Partei der Tschechoslowakei: Zentrales Dokument der innerparteilichen  Reformbewegung des Prager Frühlings. Das Dokument wurde am 5. April von der Versammlung des Zentralkomitees angenommen. Online in tschechischem Original: http://www.68.usd.cas.cz/files/dokumenty/edice/405_1.pdf.