Professur für Geschichte des späten Mittelalters sowie Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Baubeginn des Berner Münsters in der Spiezer Chronik des Diebold Schilling (1484/85).
Die Professur vertritt das spätere Mittelalter sowie die Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Sie ist mit dieser Denomination derzeit die einzige in der Bundesrepublik. Allgemein beschäftigt sich die Wirtschafts- und Sozialgeschichte mit der Frage nach den ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturen und Entwicklungen in der Vergangenheit. Dabei geht es um Themen des alltäglichen Wirtschaftens und Zusammenlebens, des ökonomischen sowie sozialen Denkens und Aushandelns sowie um die daraus entstehenden spezifischen Quellenüberlieferungen. Wirtschafts- und Sozialgeschichte orientiert sich nicht nur an den großen Strukturen wie etwa Wirtschaftssystemen und Großregionen (Makrogeschichte), sondern auch an der kommunikativen, erfahrungsbezogenen Logik der Lebenswelt von Einzelpersonen (Mikrogeschichte). Von der Ausrichtung her ist die Wirtschafts- und Sozialgeschichte eine Teildisziplin sowohl der Geschichts- als auch der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Insofern ist sie grundsätzlich interdisziplinär und in den angewendeten Methoden, Modelle und Theorien weit gefächert. Hierbei gilt es, quantitative Methoden und ihre Beschränkungen im Bereich der Vormoderne zu berücksichtigen und gleichzeitig vor dem Hintergrund der aktuellen Möglichkeitender Digital Humanities neue Zugänge für das mittelalterliche Material zu finden.
Die an unserer Abteilung erforschten Fragestellungen und Themen sind mit aktuellen Forschungskontexten verbunden und haben häufig ebenfalls aktuelle gesellschaftliche Debatten im Blick, werden aber auch konkret aus der Überlieferung des historischen Geschehens selbst entwickelt. Unser Blick richtet sich dabei beispielsweise auf die Erforschung der Wirtschafts- und Sozialgeschichte der mittelalterlichen Stadt, der Bauwirtschaft, etwa der Finanzierung von Großbauten, auf Rechnungsschriftlichkeit, Geld und Preise sowie Inflation. Zudem stehen im Fokus die Praktiken des sozialen Lebens in Stadt, Hof und Kloster, der Umgang mit Risiken und Vulnerabilitäten, Naturkatastrophen und Bewältigungsstrategien und damit nicht zuletzt die vormoderne Sinnsuche im Materiellen und Nichtmateriellen als Ausweis der conditio humana.