Nachhaltigkeit im Energieverbrauch des Mittelalters und der frühen Neuzeit? Interdisziplinäre Zugänge zu einem aktuellen Thema

Sektion auf dem 49. Deutschen Historikertag von 25. bis 28. September 2012 in Mainz


Sektionsleitung:

Prof. Dr. Oliver Auge (CAU, Kiel)
 

"Nachhaltigkeit (sustainable development)" ist ein Schlagwort, welches im ausgehenden 20. Jahrhundert vor dem Hintergrund einer sich verstärkt entfaltenden Umwelt- und Ressourcenökonomie bei gleichzeitig vermehrter Kritik an geltenden Wachstumsparadigmen hervorgebracht wurde. Aus der aktuellen Umweltdiskussion ist es als Schlüsselbegriff nicht mehr fortzudenken. Nach Nachhaltigkeit im Energieverbrauch des Mittelalters und der frühen Neuzeit zu fragen, bedeutet nun keine „Zurechtmodellierung“ aktueller Problemstellungen für ältere historische Fragen, wiewohl es von vornherein naheliegt, angesichts der momentanen Energiekrise und der hierbei diskutierten Lösungsansätze auch auf entsprechende Verhältnisse in der Vergangenheit zu schauen. Vielmehr hat die Umweltgeschichte den Begriff der Nachhaltigkeit als Quellenterminus schon der historischen Forstwirtschaft herausgearbeitet. Inwieweit dabei Nachhaltigkeit ein wirklich prägendes Kennzeichen der frühneuzeitlichen Epoche gewesen ist, gehört ebenso zum noch „Unausdiskutierte(n) in der Umweltgeschichte“ (Joachim Radkau) wie überhaupt die Belastbarkeit des Konzepts der Nachhaltigkeit im analytischen Zugriff auf historische Ressourcenprobleme. Für das Mittelalter zumal ist die Frage nach etwaiger Nachhaltigkeit bislang weitgehend ausgeblendet. 
Die Sektion leistete einen Beitrag zur momentan recht regen Debatte um den realen Stellenwert der Nachhaltigkeit in der historischen Energiesituation sowie um die Tragfähigkeit des Analysemodells „Nachhaltigkeit“ in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Die interdisziplinären und Epochen übergreifenden Referate aus den Bereichen Umwelt- und Technikgeschichte, Archäologie und Archäobotanik steckten dazu den theoretischen Rahmen ab und diskuertierten gewollt exemplarisch und mittels eines elaborierten Methodenkanons die Frage der Nachhaltigkeit.



Programm

"Sustainable development" als historisches Thema – eine Hinführung
Prof. Dr. Oliver Auge (Kiel)

Energie vor der Energie? Einleitende Bemerkungen zu einem anachronistischen Begriffsverständnis
PD Dr. Frank Uekötter (München)

Die Waldwirtschaft des Klosters Ahrensbök als Beispiel für eine nachhaltige Ressourcennutzung
Arne Paysen M.A. (Kiel)

Landschaftsprägende historische Bioenergie-Nutzung - Die einzigartige regionale Überlieferung der frühindustriellen Holzkohle-Herstellung (Waldköhlerei)
PD Dr. Thomas Ludemann (Freiburg)

Erzwungene Nachhaltigkeit? Die Peitzer Amtsheiden unter dem Einfluss des örtlichen Hüttenwerkes
Frank Müller M.A. (Cottbus)

Das Siegerländer Montanrevier und das System einer nachhaltigen Energiewirtschaft. Zu den Implikationen des Konzeptes eines 'Sustainable development'
Prof. Dr. Rolf-Jürgen Gleitsmann-Topp (Karlsruhe)

Synthese
Prof. Dr. Bernd Herrmann (Göttingen)

Diskussion