Handlungsspielräume und Narrative in der deutsch-dänischen Grenzregion seit 1920
Tagungsleitung: Prof. Dr. Oliver Auge, Abteilung für Regionalgeschichte der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Caroline E. Weber (M.A.), Centre for Border Region Studies/University of Southern Denmark; in Kooperation mit der Abteilung für die Geschichte Nordeuropas der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Veranstaltungsort: digital
Datum: .11./12. Mai 2021
Im Jahr 2020 jährten sich die Schleswiger Volksabstimmungen und die bis heute existierende Grenzziehung zwischen Dänemark und Deutschland zum 100. Mal. Die Abstimmungen haben als international relevante Bestimmung im Versailler Friedensvertrag (Kapitel III „Volksabstimmung“, Abschnitt XII „Schleswig“) zur Beendigung des Ersten Weltkrieges nationale Bedeutung für Deutschland und Dänemark und regionale Bedeutung für Schleswig, Schleswig-Holstein und die deutsch-dänische Grenzregion.
Besonders in Dänemark, aber auch der Grenzregion sind Volksabstimmungen und Grenzziehung bis heute im kollektiven Gedächtnis vieler geschichtlich und kulturell interessierter Zeitgenossen verankert – und das Jahr 2020 sollte mit einer in dieser Form bisher unbekannten Veranstaltungsdichte gefüllt werden. Innerhalb der Erinnerungskultur zeigen sich bis heute deutliche Unterschiede zwischen Dänemark und Deutschland. Wo von dänischer Seite eine nationale „Wiedervereinigung“ (genforeningen) inszeniert wird, wurde auf bilateraler Ebene ein „Kulturelles Freundschaftsjahr 2020“ zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark ausgerufen. Zudem feierte das Land Schleswig-Holstein das Bestehen von Minderheiten in Schleswig-Holstein und in der deutsch-dänischen Grenzregion – zumindest bis die Covid-19-Pandemie dem Jubiläum einen Strich durch die Rechnung machte.
Angesichts der unterschiedlichen Relevanz, die die Volksabstimmungen in Schleswig in der deutschen, dänischen und schleswig-holsteinischen Forschung einnehmen, sollen im Rahmen der digitalen Konferenz bisher unberücksichtigte Paradigmen sichtbar gemacht und die Volksabstimmungen zunächst in den gesamteuropäischen Kontext als Folge des Ersten Weltkriegs gestellt werden. Durch Analyse unterschiedlicher Narrative werden die Diskrepanzen zwischen regionalem Bewusstsein und nationaler Abstimmung dargelegt. Die Tagung soll auf diesem Wege die Bedeutung einer vermeintlich regionalen Volksabstimmung für die beiden Nationalstaaten Dänemark und Deutschland beleuchten.
Um die jüngsten Ereignisse, konkret die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die deutsch-dänische Grenzregion in unsere Überlegungen mit einzubeziehen, laden wir zudem zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion am 11. Mai 2021 um 19.00 Uhr ein: „Wie viel Grenze bleibt nach dem Grenzjubiläum? Deutsch-dänische Perspektiven im Mai 2021“
Die Anmeldung zu beiden Veranstaltungen ist ab sofort und ausschließlich per E-Mail grenztagung-cau-sdu@mail.de möglich. Sie erhalten die Zugangsdaten/Links rechtzeitig zugeschickt.
Programm:
Dienstag, 11. Mai
13:00 Uhr Prof. Dr. Oliver Auge, Caroline E. Weber (M.A)
Tagungseröffnung
Regionales Bewusstsein und nationale Entscheidungen (Moderation: Martin Krieger)
13:30 Uhr Caroline E. Weber (M.A.) (Sonderburg/DEN)
„Schanddiktat“ oder „Selbstbestimmungsrecht der Völker“? Zeitgenössische Sichtweisen zu den Volksabstimmungen
14:00 Uhr Prof. Dr. Steen Bo Frandsen (Sonderburg/DEN)
Flensburg und die Grenze. Auswirkungen einer nationalen Volksabstimmung für ein regionales Zentrum
14:30 Uhr Prof. Dr. Oliver Auge (Kiel/GER)
Eine Kampfprofessur in Kiel. Die Einrichtung des Lehrstuhls für schleswig-holsteinische Geschichte an der Kieler Universität 1924
15:00 Uhr Dr. Ulrike Fleth-Barten (Odense/DEN) (entfällt leider)
Die juristische Bedeutung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker für die deutsch-dänischen Grenzregion nach 1920
15:30 Uhr Diskussion und Pause
Die Minderheiten zwischen Nation-State und Kin-State (Moderation: Caroline Weber)
16:30 Uhr Dr. Steffen Werther (Södertörn/SVE)
Die Germanisierung der deutschen Minderheit seit den 1930er Jahren
17:00 Uhr Prof. Dr. Hans Schultz Hansen (Apenrade/DEN)
Dänemarks Sicht auf die Grenze von 1920 und Positionen der dänischen Minderheit
17:30 Uhr Prof. Dr. Martin Klatt (Sonderburg/DEN)
Die Grenze als Thema der Minderheiten seit den Bonn-Kopenhagener Erklärungen
19:00 Uhr Öffentliche Podiumsdiskussion: Wie viel Grenze bleibt nach dem Grenzjubiläum? Deutsch-dänische Perspektiven im Mai 2021, Moderation: Caroline E. Weber
Martin Klatt (Centre for Border Region Studies), Stephan Kleinschmidt (Stellvertretender Bürgermeister von Sønderborg), Gerret Liebing Schlaber (Deutsches Gymnasium Nordschleswig), Sonja Wolf (The European Centre for Minority Issues)
Hier gelangen Sie zur öffentlichen Podiumsdiskussion!
Mittwoch, 12. Mai
Bürgerkrieg und Plebiszit in europäischen Grenzregionen (Moderation: Steen Bo Frandsen)
09:00 Uhr Dr. Martin Göllnitz (Marburg/GER)
Kulturkampf, Terrorismus und Sabotage. Gewaltakte in der deutsch-dänischen Grenzregion 1918–1945
09:30 Uhr Prof. Dr. Timothy Keith Wilson (St. Andrews /SCO)
Zwischen Bürgerkrieg und Government of Ireland Act. Irland und Großbritannien um das Jahr 1920
10:00 Uhr Prof. Dr. Andrea di Michele (Bozen/ITA)
Südtirol und Trentino im Übergang von Österreich zu Italien 1919/1920
10:30 Uhr Diskussion und Pause
11:30 Uhr Dr. Paul Srodecki (Kiel/GER)
Die Region Schlesien zwischen Deutschland, Polen und der Tschechoslowakei
12:00 Uhr Prof. Dr. Martin Krieger (Kiel/GER)
Die deutsch-dänische Grenze und das System der kollektiven Sicherheit in Nordeuropa nach dem Ersten Weltkrieg
12:30 Uhr Ryan Gesme (M.A) (Tennessee/Odense/USA/DEN)
Danish Agitation and International Reception of the Schleswig Plebiscite
Eine kurze Übersicht bei H-Soz-Kult finden Sie hier