Proseminar zur Geschichte der Neuzeit: Die Apokalypse im Norden: Melchior Hoffman und die Streitkultur der Reformationszeit

Inhalt

Besonders in den Social Media werden heute allzu oft sachliche Stellungnahmen mit scharfen persönlichen Angriffen gekontert. Diese Form der Streitaustragung ist jedoch keineswegs eine Erfindung des 21. Jahrhunderts. Sie wurde bereits vor einem halben Jahrtausend im Rahmen der ersten Medienrevolution von den Protagonisten religiöser und gesellschaftspolitischer Konflikte kultiviert. Ein herausragender ‚Troll‘ der Reformationszeit war der Kürschner Melchior Hoffman aus Schwäbisch Hall, der 1527 nach Schleswig-Holstein kam, als Prediger an der Kieler Nikolaikirche wirkte und nach der sogenannten Flensburger Disputation 1529 des Landes verwiesen wurde. Hoffman prophezeite das Ende der Welt im Jahr 1533 und überzog die Kritiker dieser und anderer seiner Glaubenssätze mit maßloser Polemik. Seine apokalyptische Theologie übte nicht zuletzt entscheidenden Einfluss auf die radikale Täufergemeinde in Münster, die 1535 blutig zerschlagen wurde. Mit Hoffmans Zeit im Norden als Ausgangspunkt werden im Proseminar die religiöse und politische Streitkultur, die Theologie der Reformation sowie die Bedeutung der Publizistik als Epochenmerkmale der beginnenden Frühneuzeit behandelt sowie geschichtswissenschaftliche Analyseverfahren eingeübt.

Dozent(en)

Organisatorisches

Kurs A: Fr 10:15 - 12:30, Online-Veranstaltung

Erwartete Teilnehmerzahl: 30

 

Kurs B: Fr 14:15 - 16:30, Online-Veranstaltung

Erwartete Teilnehmerzahl: 30

Literatur

Kerstin Lundström, Polemik in den Schriften Melchior Hoffmans. Inszenierungen rhetorischer Streitkultur in der Reformationszeit, Stockholm 2015; Klaus Deppermann, Melchior Hoffman. Soziale Unruhen und apokalyptische Visionen im Zeitalter der Reformation, Göttingen 1979.

Regionalgeschichtliche Übung/Aufbauseminar zur Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit: Arm, fremd, andersgläubig. Randgruppen in der Schleswig-Holsteinischen Geschichte

Inhalt

Wie eine Gesellschaft mit Schwachen, Fremden und Andersdenkenden umgeht, erlaubt tiefe Einblicke in ihr inneres Gefüge. Die Frage nach den Lebensumständen von Randgruppen bietet gerade auf die Geschichte einer Region mit der außerordentlich wechselhaften Entwicklung Schleswig-Holsteins eine besonders aufschlussreiche Perspektive. Wie es Armen, Fremden und Andersgläubigen unter sich wandelnden gesellschaftlichen Umständen in Mittelalter und Neuzeit, unter deutscher und dänischer Herrschaft erging, wollen wir im Seminar auf Grundlage gemeinsamer Quellenlektüre ergründen. Darüber hinaus diskutieren wir am Beispiel der marginalisierten Gruppen geschichtstheoretische Fragen, etwa nach der Bedeutung des historischen Betrachtungsgegenstandes für das Bild, das wir uns von einer Zeit oder einer Region machen.

Dozent(en)

Organisatorisches

Do 12:15 - 13:45, Online-Veranstaltung

Erwartete Teilnehmerzahl: 30

Literatur

Ortwin Pelc/Jürgen H. Ibs (Hgg.), Arme, Kranke, Außenseiter. Soziale Randgruppen in Schleswig-Holstein seit dem Mittelalter (Studien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Schleswig-Holsteins 36), Neumünster 2005; Wolfgang von Hippel, Armut, Unterschichten, Randgruppen in der Frühen Neuzeit (Enzyklopädie Deutscher Geschichte 34), München 2013; Bernd-Ulrich Hergemöller (Hg.), Randgruppen der spätmittelalterlichen Gesellschaft. Ein Hand- und Studienbuch, 2. Aufl., Warendorf 2001.